Hygge statt Hektik: Wie die Dänen Weihnachten feiern

Kerstin Landwehr

Wenn in Dänemark die dunkle Jahreszeit anbricht, greift der Däne zur Selbsthilfe: Hygge heißt das Zauberwort, das die Bewohner des kleinen Inselreichs die lange Winterdunkelheit gut überstehen lässt. Und Hygge kann fast alles sein, was einem gut tut: Kerzen im Fenster und auf dem Tisch, ein Abendessen mit Freunden, ein Besuch auf dem Weihnachtsmarkt, ein Tag, um das Haus weihnachtlich zu dekorieren, denn die Weihnachtszeit ist der hyggelige Höhepunkt der traditionell glücklichen Dänen.

Julefrokost

Ein wichtiges Ereignis in den Wochen vor dem Weihnachtsfest ist die Einladung zur Julefrokost. Jedes Unternehmen, jeder Verein, jeder Freundeskreis lädt zu diesem traditionellen Büfett aus kalten und warmen Speisen. Häufig wird schon Mitte November mit der Julefrokost begonnen, da man oft zu vielen dieser Schlemmereien eingeladen wird. Achtung Bauchspeckgefahr! Die traditionelle Julefrokost besteht unter anderem aus Heringssalat, Smørrebrød, Schweinebraten, Frikadellen, Leberpastete, Salaten, Kuchen und Keksen sowie dem berühmten Weihnachtsbier. Das Julebryg ist ein besonders würziges Bier, das jedes Jahr am ersten Freitag im November genau um 20:59 Uhr zum ersten Mal ausgeschenkt wird.

Das Mädchen mit den Kerzen

Am 13. Dezember ist der Tag des Lichts, denn dann trifft, gekleidet in ein weißes Kleid, die heilige Lucia ein. Sie bringt mit ihrer Krone aus Kerzen, die sie auf dem Kopf trägt, Helligkeit in die dunkle Zeit. Eine Prozession aus ebenfalls weiß gekleideten Kindern folgt ihr. In ganz Skandinavien freuen sich die Kinder auf diesen Tag, an dem in Schulen, Kirchen und in jedem kleinen Dorf das Mädchen mit den Kerzen erscheint.

Die Weihnachtsnissen

Die Weihnachtsnissen wurden 1836 erfunden. Der Maler Constantin Hansen veranstaltete in Rom eine Weihnachtsfeier und hatte den Raum mit den ersten Bildern von Weihnachtsnissen geschmückt. Seine Idee fand schnell Anklang beim Bürgertum und seitdem sind die Weihnachtsnisse ein Teil des dänischen Weihnachtsfestes.

Später bekamen die Weihnachtsnissen dann noch eine sehr wichtige Aufgabe: Sie sind die persönlichen Helfer des Weihnachtsmanns und helfen bei der Herstellung und beim Verpacken der Geschenke. Und sie beladen natürlich den Weihnachtsschlitten, denn wie sollen die Geschenke sonst von Grönland aus zu uns kommen?  

Lille Juleaften und Heiligabend

Am 23. Dezember werden am „lille Juleaften“ die letzten Vorbereitungen für das Fest getroffen. Es wird gebacken, gekocht und der Weihnachtsbaum ins Haus geholt. Er wird mit kleinen dänischen Flaggen, Weihnachtsschmuck und häufig noch traditionell mit echten Kerzen bestückt. Wichtig ist hierbei auch der richtige Ort für den Weihnachtsbaum. Er sollte möglichst frei, mitten im Raum stehen, damit am Heiligabend die Familie singend um den Baum tanzen kann. Erst dann werden die Geschenke ausgepackt. Das Essen spielt auch am Weihnachtsabend eine große Rolle und fällt reichhaltig aus: Schweinebraten, Ente, Salzkartoffeln, Rotkohl und viel braune Soße gehören ebenso dazu, wie das beliebte Weihnachtsdessert „Risalamande“. Das ist Milchreis mit Kirschsoße, in dem eine ganze Mandel versteckt wurde. Derjenige, der die Mandel in seinem Schälchen findet, hat im nächsten Jahr besonders viel Glück und bekommt häufig ein zusätzliches Geschenk.

Weihnachten in der dänischen Südsee

Auf den Inseln geht es in der Vorweihnachtszeit besonders ruhig und hyggelig zu – die alten Weihnachtstraditionen werden beibehalten. In Ærøskøbing findet an drei Samstagen vor Weihnachten ein kleiner und sehr gemütlicher Weihnachtsmarkt statt. Es duftet nach selbst gebackenen Schmalzkringeln und Glögg. In der ganzen Stadt sind Weihnachtsbäume verteilt und der Spaziergang über das alte Kopfsteinpflaster, vorbei an den kleinen Hütten mit Kunsthandwerk, ist nicht von Geschiebe und Stress geprägt, sondern von einem friedlichen und entspannten Miteinander.

Pünktlich um die Kerzen am Weihnachtsbaum in Marstal auf Ærø anzuzünden, kommt der Weihnachtsmann gemeinsam mit seinen Gehilfen, den Weihnachtsnissen, per Boot auf die Insel. Mit dem traditionellen Frachtschiff Samka trifft er im Hafen von Marstal ein, wo er von einer Schar Kinder jubelnd begrüßt wird. 

Ein Nissenumzug zu Pferde und mit Kutsche oder Schlitten findet jedes Jahr einige Tage vor Weihnachten in Søby auf Ærø statt. Dutzende rotgesichtige kleine Nissen sorgen dann auf den Straßen für die richtige Weihnachtsstimmung.

In Faaborg findet jedes Jahr ein Weihnachtsmannwettlauf statt, bei dem große und kleine kostümierte Rauschbärte mit viel Spaß durch die Straßen laufen. Auch die Touren mit dem Nachtwächter durch die alten Gassen der Stadt sind bei alten Geschichten und natürlich mit Gesang ein schöner Brauch.

Weihnachten im Tivoli

Die Atmosphäre ist fast magisch, wenn im Tivoli die Weihnachtszeit beginnt. Eine zauberhafte Weihnachtslandschaft entführt für einige Stunden zurück in die Welt der Kindheit und Fantasie. Eine Million Weihnachtslichter funkeln in der winterlichen Dunkelheit, und der Duft von gebackenen Apfelscheiben, gebrannte Mandeln, Glögg und Weihnachtskuchen zieht durch die Straßen. Vom 19. November bis 2. Januar ist diese winterliche Wunderwelt ein Anziehungspunkt für Groß und Klein.

Weihnachten wie vor 400 Jahren - „Den Gamle By“ in Aarhus

Das einzigartige Freilichtmuseum - 1909 gegründet, eine mittelelterliche Stadt in der Stadt - lädt vom 20.November bis zum 2. Januar zur Zeitreise ein. Es duftet nach Apfelscheiben, Vanillekränzen, Wildschweinwürstchen, Honigherzen, Weihnachtsbier, Bischofspunsch und dutzenden von anderen Leckereien, die mit Geschichte und viel Geschmack locken. Die Blaskapelle des Musikkonservatoriums spielt Weihnachtslieder und die Kinder spielen im Nissen-Loft oder erkunden den Weihnachtswald.

Auf der Weihnachtsroute durch die geschmückte Stadt sieht man, wie Weihnachten seit 400 Jahren gefeiert wird und warum und wann Weihnachtstraditionen entstanden sind. Historische Weihnachtsgeschenke, die es nur in der mittelalterlichen Weihnachtsstadt gibt, und der Besuch des Weihnachtsladens auf dem Marktplatz sind ein Muss. Hier gibt es auch Brammings klassische Krabbel-Nissen, die 1947 zum ersten Mal das Fest bereicherten, zu kaufen.

Bei einem Besuch im alten Postamt von 1927 kann man dann noch Briefmarken kaufen und die Weihnachtspost abstempeln lassen.

Und nun wünschen wir vom SH GUIDE eine hyggelige und besinnliche Weihnachtszeit. Macht es wie die Dänen und lasst es ruhig und gemütlich angehen. In diesem Sinne: God Jul!